Frankreichs Medienaufsicht gibt rechtsextremem Sender C8 keine Lizenz mehr
Frankreichs Aufsichtsbehörde für audiovisuelle und digitale Kommunikation, die „Autorité de régulation de la communication audiovisuelle et numérique“, kurz Arcom, hat am Mittwoch die Liste der 24 Fernsehsender veröffentlicht, die 2025 eine Lizenz für digitale Übertragung über terrestrische Wege erhalten sollen. Zwei davon sind neue Anbieter, die restlichen haben sich mit Erfolg um eine Verlängerung ihrer Sendegenehmigung bemüht. Zwei bestehenden Kanälen jedoch verweigerte Arcom die Lizenz. Einer davon ist C8, Frankreichs meistsanktionierter TV-Sender.
Die Programme, die der Moderator und Produzent Cyril Hanouna auf C8 anbietet, darunter die aus schlechten Gründen kultverdächtige Sendung „Touche pas à mon poste !“, sind im Lauf der Jahre von trashiger Unterhaltung zu Propaganda für rechtsextremes Gedankengut entartet. Nicht von ungefähr gehört C8 zur Canal+-Gruppe des katholisch-fundamentalistischen und nationalistisch-identitären Milliardärs Vincent Bolloré. Zunächst begeisterte Hanouna mit Übergriffen unter der Gürtellinie grobe Gemüter und stieß feinere Geister ab. Einem Kolumnisten stopfte er etwa Nudeln in die Unterhose; einer Kollegin mit verbundenen Augen führte er die Hand aufs eigene Gemächt; vor laufender Kamera antwortete er am Telefon mit süßlicher Geziertheit auf Kontaktanzeigen ahnungsloser Homosexueller. Für letzteren „Ulk“, der den Respekt des Privatlebens wie die Auflage des Kampfes gegen Diskriminierung gravierend missachtete, belegte Arcom den Sender mit einer Geldstrafe von 3 Millionen Euro.
Noch teurer zu stehen kam C8 Hanounas unflätige Beschimpfung des linken Abgeordneten Louis Boyard. Dieser hatte es gewagt, in „Touche pas à mon poste !“ der Bolloré-Gruppe die Abholzung Kameruns anzukreiden: Unter einem Sturzbach von Kraftausdrücken jagte der Moderator ihn vom Set. Vor der Präsidentenwahl 2022 begann Hanouna, Politiker in seine Talkshow einzuladen – linke, rechte, vor allem aber rechtsextreme. Seitdem arbeitet der Moderator mit Themen wie Einwanderung und Unsicherheit, mit Justizpopulismus und Verschwörungstheorien, Antiintellektualismus und Experten-Bashing, nichtrepräsentativen Umfragen und Fake News dem Rassemblement national und anderen Parteien am rechten Rand zu.
Arcom verweist zu ihrer Entscheidung auf das hier einschlägige Gesetz von 1986 und streicht „das vorrangige Gebot des Pluralismus der soziokulturellen Ausdrucksrichtungen“ heraus. Die mangelnde Ausgewogenheit im Spektrum der Meinungen auf C8 dürfte den abschlägigen Bescheid ebenso motiviert haben wie die insgesamt 31 Sanktionen seit 2012, von denen die Hälfte in den letzten vier Jahren verhängt wurde. Der Sender steht jetzt wohl vor dem Aus. Zwar könnte C8 via Internet weiter ausgestrahlt werden. Aber 20 Prozent der mit einem Fernseher ausgestatteten Haushalte verfügen nur über einen Empfangsmodus: den digital-terrestrischen. Entsprechend hoch wären die Werbeausfälle für einen Sender, der schon jetzt rote Zahlen schreibt – 2023 beliefen sich die Verluste auf 48,5 Millionen Euro. Hanouna hingegen wird fast sicher in einem anderen Medienorgan der „Bollosphäre“ sein Unwesen weiter treiben können.
Arcom, oft als entscheidungsschwach kritisiert, hat eine Lanze für Meinungsvielfalt und Akkuratesse der Berichterstattung gebrochen. Bollorés größtes Propagandaorgan, CNews, desinformiert unterdessen weiter. Im Mai dieses Jahres stieg der TV-Kanal sogar zum führenden „Nachrichtensender“ des Landes auf.
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